Die Basis jeden Lernens ist zu wissen, was du schon verstanden hast und wo noch Verbesserungsbedarf besteht.
Aber was bedeutet eigentlich verstehen?
Wann ist der Punkt erreicht, an dem ich behaupten kann, etwas zu wissen und verstanden zu haben?
Und vielleicht noch wichtiger: Wie merke ich, dass ich diesen Punkt erreicht habe?
„Was habe ich verstanden?“ als Voraussetzung für’s Lernen
Ohne zu wissen, ob du etwas verstanden hast, kannst du nicht anfangen zu lernen. Du kannst es versuchen, wirst dabei aber viel Zeit und Energie verschwenden.
Denn wenn du nicht wüsstest, was du tatsächlich verstanden hast und was nicht, träte folgendes Szenario ein:
Du sitzt am Schreibtisch und gehst alles, was du lernen möchtest, immer und immer durch, liest tausende Bücher, schreibst Zusammenfassungen, machst Übungsaufgaben.
Immer und immer wieder wiederholst du jeden einzelnen Aspekt.
Viel effektiver und sinnvoller ist es natürlich, nur noch das zu lernen, was du noch nicht verstanden hast. Schließlich machst du ja auch nicht jedes Mal aufs Neue einen Schwimmkurs, bevor du in ein Schwimmbecken springst, da du genau weißt, dass du bereits verstanden hast, wie Schwimmen funktioniert.
Anstatt also alle Inhalte gleichermaßen zu lernen und zu wiederholen, solltest du dich auf deine Wissenslücken konzentrieren, dort vermehrt Zeit investieren und die Inhalte, die du bereits verstanden hast, vernachlässigen und nur ab und zu wieder ins Gedächtnis rufen.
Wenn du mit sechs Jahren dein Seepferdchen bekommst und danach nie wieder schwimmen gehst, wäre ich mir nicht so sicher, dass du es mit 20 immer noch kannst.
Es lohnt sich also, sich einmal mit der Definition des Verstehens auseinanderzusetzen.
Was bedeutet Verstehen?
Selbst der Duden hat darauf keine klare Antwort, bzw. ganz viele Antworten. Neben dem akustischen Verstehen, gibt es eine Vielzahl an weiteren Definitionen
- den Sinn von etwas erfassen; etwas begreifen
- in bestimmter Weise auslegen, deuten, auffassen
- gut können, beherrschen
- …
Das ist zwar nicht eindeutig, aber eine Basis, auf der man aufbauen und aus der man bestimmte Strategien ableiten kann.
So erkennst du, dass du etwas verstanden hast.
1. Du kannst das Thema erklären
Verstehen heißt, etwas zu begreifen, also in der Lage zu sein, Inhalte in eigenen Worten wiedergeben und erklären zu können.
Wenn du Fakten und Stichpunkte auswendig aufsagen kannst, fehlt ein wichtiger Aspekt: der Zusammenhang.
Erklären funktioniert nicht, ohne Sätze zu bilden. Erst wenn du es schaffst, Sätze durch Konjunktionen wie „weil“, „und“, „obwohl“ etc. zu verknüpfen, hast du den Inhalt auch wirklich verstanden. Es zeigt, dass dir die Kausalzusammenhänge klar sind.
Ein simples Beispiel: Aus den Stichpunkten Arterien, Venen, Blut kannst du eine Menge Sätze bilden.
Arterien und Venen transportieren Blut. Arterien und Venen bestehen aus Blut. Aus Arterien und Venen wird Blut.
Alles drei die gleichen Stichpunkte. Sinnvoll ist aber definitiv nur der erste Satz.
Dieser Ansatz, über’s Erklären zu lernen, wird übrigens auch in der Feynman-Methode angewandt. Eine sehr effiziente Lernmethode, um herauszufinden, wie sicher du in einem bestimmten Thema bist.
2. Du kannst das Gelernte anwenden
Früher oder später begegnet einem in der Schule der Satz des Pythagoras: a²+b²=c².
Sich die Formel zu merken ist nicht sonderlich schwer, aber nur die Formel zu kennen, hilft leider nicht. Denn was fange ich mit dieser Formel an? Wofür brauche ich diese Formel? Was kann ich damit berechnen? Was kann ich daraus ableiten?
Erst durch die Beantwortung dieser Fragen, kannst du die Formel anwenden, hast also verstanden, wann und wie diese Formel funktioniert.
Das gilt auch für theoretisches Wissen zu praktischen Fertigkeiten, Modelle, Erklärungsansätze,…
3. Du kannst Informationen miteinander verknüpfen
Diese Aspekt ähnelt dem des Erklärens, zielt aber noch mehr auf breite Themenkomplexe ab.
Jede Information, die du in dein Gehirn aufnimmst, ist wie ein Punkt auf einer Landkarte. Du kannst hunderte und tausende davon ansammeln. Das bringt dir aber nichts, wenn du die Verbindungen dazwischen nicht herstellen kannst.
Ohne Straßen und Verbindungslinien fehlt dir jegliche Art von Orientierung, Verständnis und Zusammenhang.
4. Du kannst Fragen zum Thema beantworten
Nicht ohne Grund bekommt man in Prüfungen Fragen gestellt. Fragen zeigen, ob du etwas verstanden hast oder nicht. Eine Frage bohrt tiefer nach und kommt ggf. Verständnislücken auf die Schliche.
Um herauszufinden, ob du etwas verstanden hast, hilft es also, Fragen zu stellen. Wenn du dir selber zu einem Thema alle möglichen Fragen stellst und anschließend versuchst, diese zu beantworten, wirst du relativ schnell merken, wo deine Wissenslücken sind.
5. Du kannst Prinzipien ableiten können
Wenn du krank bist und zum Arzt gehst, wird die Leistung, die du in Anspruch nimmst, in der Regel über deine Krankenversicherung bezahlt.
Aber eben nur in der Regel, denn deine Versicherung folgt dabei einem bestimmten Prinzip, welches festlegt, welche Leistungen unter welchen Umständen übernommen werden.
Wenn du in der Lage bist, das dahinterstehende Prinzip abzuleiten, hast du den konkreten Ablauf verstanden.
6. Du kannst abstrahieren
In einer (guten) Vorlesung werden häufig Beispiel angeführt, um Sachverhalte einfacher zu erklären bzw. zu veranschaulichen.
Diese Beispiele zu kennen kann sehr hilfreich sein, zeigt aber nicht unbedingt, dass du etwas verstanden hast.
Was ist die Metaebene hinter dem Ganzen? Versuche einen Vergleich zu finden, eine Ebene höher zu gehen.
Je weiter du dich von dem tatsächlich Gelernten entfernen kannst, desto eher gehört es zu deinem eigenen Verständnis.
Das kann sein, indem du deine eigenen Worte für die Erklärung eines Sachverhalts oder deine eigenen Bespiele zur Veranschaulichung findest.
Lernen, um zu verstehen
Auf der Basis der Definition aus dem Duden kannst du also überprüfen, ob du etwas verstanden hast.
Das geht am besten, wenn du in irgendeiner Form das Wissen auf eine andere Ebene bringst, in einen anderen Kontext stellst oder versuchst, die Kausalzusammenhänge mit eigenen Worten wiederzugeben.
Am besten suchst du dir eine Methode aus, die du in dein Repertoire aus Lernstrategien übernimmst, um beim Lernen zu vermeiden, bereits bekannte Inhalte immer und immer wieder zu wiederholen, und stattdessen an deinen Wissenslücken zu arbeiten.
War dieser Beitrag hilfreich für dich?
Ich freue mich, wenn du diesen Beitrag teilst! 🙂
Schreiben Sie einen Kommentar