Innere Antreiber analysieren und schwächen

Innere Antreiber sind die Ursache für den Großteil deines Stresses. Hier lernst du, wie du sie identifizieren und schwächen kannst.

„Los, mach weiter, streng dich mehr an!“ „Gib lieber nach, anstatt auf deiner Meinung zu bestehen!“ „Hör auf zu heulen, andere haben ernsthafte Probleme.“
Als wären Alltag, Job, Studium und andere Verpflichtungen nicht schon anstrengend genug, setzen die inneren Antreiber immer noch ein obendrauf.
Innere Antreiber sind diese nervige innere Stimme, die sich in den unpassendsten Momenten zu Wort meldet, um dich noch weiter anzutreiben.

Ein Blick auf deine persönlichen Antreiber kann helfen, stressige Situationen zu reduzieren.

Denn es gibt zwar auch Druck von außen, der durch Chef*innen, Universitäten, Familienmitglieder, Kommilitoninnen oder eng getaktete Zeitpläne entsteht, letztendlich ist ein entscheidender Faktor bei der Entstehung von Stress aber immer der innere Druck, also eine inneren Antreiber.

Jeder äußere Stressfaktor wäre wirkungslos, würden deine inneren Antreiber dir nicht das Gefühl geben, den äußeren Anforderungen und Erwartungen entsprechen zu müssen.

Dieser Beitrag dreht sich rund um deine inneren Antreiber!

Was sind innere Antreiber?

Innere Antreiber sind im Prinzip Glaubenssätze. Glaubenssätze, die allerdings in einem so hohen Maß verinnerlicht sind, dass du sie gar nicht bewusst als solche wahrnimmst.

Sie sind der unbewusste Motor für dein Denken, Fühlen und Handeln.

Deine inneren Antreiber sind die Antworten auf grundsätzliche Fragen wie:

  • Wer soll ich sein?
  • Wie darf ich handeln?
  • Was muss ich tun?
  • Wie soll ich mich fühlen?

Anders als Glaubenssätze, die du dir aktiv bewusst macht, beispielsweise, wenn man dir vor einer anstehenden Herausforderung Mut machen möchtest, sind innere Antreiber Teil der Persönlichkeit und nichts, was nur temporär ins Gedächtnis gerufen wird.

Taibi Kahler hat beruhend auf der Transaktionsanalyse von Eric Berne fünf innere Antreiber entdeckt.

Die fünf inneren Antreiber sind:

  • Sei stark!
  • Sei perfekt!
  • Sei beliebt!
  • Streng dich an!
  • Sei schnell!

Jedes Individuum besitzt hierbei jeden dieser inneren Antreiber.

Unterschiede ergeben sich in der Ausprägung.
Die sogenannten Primärantreiber, also diejenigen, die am stärksten ausgeprägt sind, kommen vor allem in stressigen Situationen zum Vorschein und heben sich von den andren ab.

Sind innere Antreiber gut oder schlecht?

Innere Antreiber werden häufig mit Stress in Verbindung gebracht, weil sie letztendlich dafür verantwortlich sind, dass eine bestimmte Situation dir als stressig erscheint, indem sie dich unter Druck setzen.

Generell sind innere Antreiber aber eigentlich etwas Gutes.

Schließlich sind sie der Motor für das, was du tust, und machen somit einen wichtigen Teil deiner Persönlichkeit aus.

Motivation fürs Lernen bekommst du nur dadurch, dass deine innere Stimme dir sagt, dass du das schaffen musst, dass du dich anstrengen und dir Mühe geben sollst.

Ein Problem entsteht erst dann, wenn einer der Antreiber übertreibt, zu viel wird und über das nötige Maß hinaus dich zum Handeln bewegen möchte. Genau dann entsteht nämlich unnötiger Stress, der nicht mehr gesunder Ehrgeiz, sondern unangenehmer Druck ist.

Anstatt einfach ’nur‘ gut vorbereitet in eine Klausur zu gehen, hast du das Gefühl, mehr tun zu müssen, opferst wertvollen Schlaf, setzt dich unter Druck, dass du auf keinen Fall durchfallen darfst und erschwerst dir dadurch den ganzen Prozess, anstatt gelassen in die Prüfung zu gehen und auf dein Können zu vertrauen.

Ein konkretes Beispiel:
Es ist mal wieder eine stressige Phase im Semester erreicht. Es sind viele Veranstaltungen und dementsprechend viel Lernstoff. Dein innerer Antreiber „Sei stark!“ hilft dir dabei, durchzuhalten, nicht aufzugeben und deine Zähne zusammenzubeißen, denn es sind schließlich auch wieder entspanntere Zeiten in Aussicht.

Nach und nach übertreibt der Antreiber „Sei stark!“ aber immer mehr. Du hast das Gefühl, dir keine Pause gönnen zu dürfen. Du redest mit niemandem darüber, wie herausfordernd die Situation momentan für dich ist und versuchst, da alleine durchzukommen. Hoffentlich geht die anstrengende Phase nicht allzu lang, denn auf Dauer führt diese Einstellung dazu, dass dich der Stress und Druck immer weiter auffrisst, du deine Energie verlierst und im schlimmsten Fall ernsthafte psychische Probleme bekommst.

Vor- und Nachteile innerer Antreiber

Für alle der fünf inneren Antreiber lassen sich Vor- und Nachteile finden. Letztendlich kommt es auf die richtige Dosis an.

ANTREIBERVORTEILENACHTEILE
Sei stark!+ Durchhaltevermögen
+ belastbar
– Einzelkämpfer
– unterdrückt Emotionen
Sei perfekt!+ sorgfältig
+ Liebe zum Detail
+ Qualitative Ergebnisse
– arbeitet langsam
– hängt sich an unnötigen Details auf
– kann keine Schwerpunkte setzen
Sei beliebt!+ empathisch
+ teamfähig
– kann andere nicht kritisieren
– stimmt allem zu
– vernachlässigt eigene Wünsche
Streng dich an!+ engagiert
+ lösungsorientiert
+ diszipliniert
– übertritt eigene Belastungsgrenze
– überfordert sich selbst
Sei schnell!+ arbeitet schnell
+ entscheidungsfreudig
– oft unvorbereitet
– vernachlässigt Qualität
– ungeduldig, handelt vorschnell

Wie entstehen innere Antreiber?

Den Einfluss deiner Kindheit

Den Ursprung der inneren Antreiber zu identifizieren, fällt meistens schwer, da dieser oftmals in der Kindheit liegt.

Kinder projizieren das, was um sie herum passiert, häufig auf sich und suchen den Grund für das, was um sie herum geschieht, bei sich selbst.

Evolutionär gesehen war das vielleicht ein guter Überlebensmechanismus, heute führt es zu verankerten Denkmustern, die manchmal fernab von der Realität sind und schwer wieder aufzulösen.

  • Die Eltern lassen sich scheiden. Der Grund dafür liegt höchstwahrscheinlich in deren Beziehung zueinander. Das Kind hingegen sucht den Fehler bei sich, hat das Gefühl, nicht liebenswürdig genug zu sein, schließlich würden sonst beide Elternteile bei ihm bleiben, oder sich nicht gut genug benommen zu haben und dadurch verantwortlich für die Scheidung zu sein.
  • Mobbing-Erfahrungen in der Schule vermitteln das Gefühl von Wertlosigkeit oder die Reaktion, anderen gefallen und ihnen alles recht machen zu müssen, um nicht gemobbt zu werden.

Auch einzelne Sätze wie „Stell dich nicht so an!“ oder „Mach doch einmal, was man dir sagt!“, können der Ursprung eines Antreibers sein. Vor allem, wenn ein Kind diese Sätze häufiger zu hören bekommt.

Kindliche Erfahrungen sind hierbei nicht die einzige Ursache, sondern auch im Erwachsenenalter können sich noch neue Antreiber ausprägen.

Die Grundbedürfnisse deiner inneren Antreiber

Letztendlich steht hinter jedem Antreiber ein Grundbedürfnis, dass du befriedigen möchtest, da es ggf. in deiner Kindheit nicht befriedigt werden konnte.

Das ist zum Beispiel das Bedürfnis nach

  • Sicherheit
  • Kontrolle
  • Wertschätzung
  • Erfolg
  • Zufriedenheit
  • Ruhe
  • einem Zuhause

Antreiber erkennen

Um deinen inneren Antreibern die negative Seite zu nehmen, musst du natürlich erst einmal wissen, welche Antreiber bei dir denn am dominantesten und somit die Hauptverantwortlichen sind.

Am besten schnappst du dir hierfür einen Stift und ein Papier und schreibst dir deine einzelnen Erkenntnisse auf.

1. Stress identifizieren

Im ersten Schritt geht es darum, zu schauen, wann deine inneren Antreiber zum Vorschein kommen.

Das ist meist in stressigen Situationen, d.h. das Ziel ist es, zu analysieren, wann eine Situation für dich Stress oder Druck bedeutet.

  • In welchen Situationen bist du gestresst?
  • Wann setzt du dich am meisten unter Druck?
  • Wo in deinem Alltag entstehen die meisten inneren und zwischenmenschlichen Konflikte?

2. Antrieb erkennen

Nun geht es um das Warum hinter dem Stress. Denn schließlich möchte jeder Antreiber ein bestimmtes Grundbedürfnis befriedigen, verfolgt also ein bestimmtes Ziel.

  • Warum setzt du dich unter Druck?
  • Wovor hast du Angst?
  • Welches Bedürfnis möchtest du eigentlich befriedigen?
  • Welche Gedanken hast du häufig?
  • Welcher Glaubenssatz greift hier?
  • Wozu fühlst du dich verpflichtet?

Kindheit untersuchen

Da der Ursprung innerer Antreiber oftmals in der Kindheit zu finden ist, versuche auch, deine Kindheit einmal genauer zu untersuchen.

  • Wie sind deine Eltern, Geschwister, Mitmenschen mit dir umgegangen?
  • Welche Sätze hast du häufig gehört?
  • Welches Gefühl haben Taten und Worte anderer bei dir ausgelöst?
  • In welchen Situationen hast du dich richtig wohlgefühlt?
  • In welchen Situationen hättest du dir gewünscht, dass sich deine Eltern/Mitmenschen anders verhalten?

Für eine genauere Analyse, wie kindliche Erfahrungen deine jetzige Selbstwahrnehmung beeinflussen, kann ich dir das Buch „Das Kind in dir muss Heimat finden“ von Stefanie Stahl empfehlen.

Dort wird Schritt für Schritt erarbeitet, wie du das Verhalten deiner Eltern dir gegenüber analysieren kannst und herausfinden, welche Glaubenssätze sich dadurch in deinem Kopf verankert haben und wie du deine heutigen Probleme lösen kannst, indem du dich mit deinem inneren Kind versöhnst.

Kleiner Tipp:
Dadurch, dass so viele verschiedene Bedürfnisse hinter den Antreibern stehen, finde ich die Einteilung in fünf Antreiber etwas zu grob. 
Versuche dich für deine Analyse von den fünf von Taibi Kahler formulierten Antreibern zu lösen und etwas präziser zu formulieren, indem du dich zum Beispiel auf das tatsächliche Bedürfnis dahinter konzentrierst.

Das könnte dann so aussehen:

- Ich bin nicht wichtig.
- Meine Probleme sind keine richtigen Probleme.
- Ich enttäusche immer alle.
- Ich sollte mich mit meiner Meinung mehr zurückhalten.
- ...

3. Reaktion reflektieren

Wie reagierst du auf dieses Warum? Welche Emotionen kommen zum Vorschein, wie verhältst du dich? Wie verändert sich deine Beziehung oder dein Verhalten anderen gegenüber?

Bei dem inneren Antreiber ‚Sei perfekt! könnte das so aussehen:

  • Emotionen: Du hast das Gefühl, du musst unbedingt perfekt sein. Im Hinblick auf die nächste Klausur heißt das: Eine „Eins“ schreiben. Du machst dir selber ständig Vorwürfe, wenn etwas nicht so läuft wie geplant, konzentrierst dich nur auf das, was du falsch gemacht hast und kannst dir deine eigenen Fehler nicht verzeihen.
  • Verhalten: Du hast dein Ziel klar vor Augen, lernst daher akribisch jedes kleinste Detail. Lernen hat für dich jetzt höchste Priorität. Schlaf oder ein entspannter Freizeitausgleich müssen bis nach den Klausuren warten.
  • Verhalten anderen gegenüber: Freunde und Familie haben jetzt keinen Platz. Wenn dich jemand fragt, wie’s dir geht, lässt du dir nichts anmerken, schließlich willst du perfekt sein und dazu zählt für dich auch, sich den Stress nicht anmerken zu lassen, sondern alles mit links zu schaffen.

Vor allem beim letzten Aspekt merkst du, dass sich die einzelnen inneren Antreiber nicht hundertprozentig voneinander abgrenzen lassen, sondern die Bedürfnisse dahinter oder das daraus resultierende Verhalten sich durchaus überschneiden.

Lass dich davon nicht irritieren. Schließlich geht es letztendlich darum, deinen Stress reduzieren zu können. Welchen Namen dein Stressantreiber trägt, ist dabei eher nebensächlich, kann aber eine nützliche Hilfe bei der Analyse sein.

Innere Antreiber schwächen

Bei der Änderung der inneren Antreiber geht es nicht darum, sie komplett aus deiner Persönlichkeit zu löschen, denn wie bereits ganz zu Anfang festgestellt, haben innere Antreiber auch eine positiver Seite, die wichtig und unterstützenswert ist.

Es geht hierbei darum, den inneren Antreiber ein wenig umzudeuten, um die vorteilhaften Seiten zu stärken und das Gleichgewicht zu den anderen herzustellen

Absolute Formulierungen streichen

Glaubenssätze enthalten oft Formulierungen wie nie, immer, nur,…

  • Ich mache nur Fehler.
  • Nie interessiert sich jemand für meine Meinung
  • Ich muss immer alles geben.

Diese Formulierungen haben in den seltensten Fällen eine Berechtigung. Dafür sind sie viel zu absolut.
Du machst manchmal Fehler, aber du bist weit davon entfernt, nur Fehler zu machen.

Der erste Schritt besteht also darin, diese Formulierungen zu streichen

Fragen stellen

Um den übertriebenen Antreibern die Daseinsberechtigung zu nehmen, besteht der nächste Schritt darin, sie zu hinterfragen.

Stelle hierbei zum einen Fragen, um zu verstehen, warum dieser Antreiber so dominant ist, beweise deinem inneren Antreiber aber auch, dass er im Unrecht ist.

Der innere Antreiber „Sei perfekt!“ verliert dann seine Berechtigung, wenn du Situationen nennen kannst, in denen deine Fehler nicht schlimm, oder sogar förderlich waren.

Ich bin nicht wichtig!Warum habe ich das Gefühl nicht wichtig zu sein? Wann hat sich jemand ernsthaft für meine Probleme interessiert?
Ich muss perfekt sein!Wann habe ich mir einen Fehler verzeihen können? Wann konnte ich aus meinem Fehler lernen?
Ich muss stark sein!Wann warst du heute zufrieden mit dir, auch ohne etwas Bestimmtes geleistet zu haben?
Ich muss es allen Recht machen!Wem musst du etwas recht machen? Wieso? In welcher Position ist die andere Person oder was macht sie, dass du das Gefühl hast, ihr gefallen zu müssen?
Ich enttäusche alle!Wann war dir jemand dankbar für das, was du getan hast? Hat dir vielleicht schonmal jemand gesagt, dass er oder sie stolz auf dich ist?

Erlauber formulieren

Du kannst deine inneren Antreiber nun in Erlauber umformulieren. Erlauber erlauben es dir, nicht auf deine innere Stimme zu hören.

Hier gibt es natürlich auch wieder zahlreiche Möglichkeiten, wie präzise oder ausschweifend deine Erlauber formuliert sind und wie sie genau formuliert sind.
Ein paar Inspirationen zur Orientierung:

Sei stark!

  • Ich darf Gefühle zeigen.
  • Ich darf auch mal Schwäche zeigen.
  • Ich darf andere um Hilfe bitten.

Sei perfekt!

  • Ich darf Fehler machen.
  • Mein Bestes ist gut genug.
  • Ich bin nicht weniger wert, wenn ich Fehler mache.

Sei beliebt!

  • Ich darf eine eigene Meinung haben.
  • Ich muss nicht von allen gemocht werden.
  • Ich darf auch Nein sagen.

Streng dich an!

  • Ich muss nicht immer 100% geben
  • Ich entscheide, wie viel Energie ich invesieren möchte
  • Meine persönlichen Grenzen darf ich einhalten

Beeil dich!

  • Ich bestimme über meine Zeit.
  • Ich darf mir die Zeit nehmen, die ich brauche.
  • Ich darf mir Pausen gönnen, wenn ich sie brauche.

Jetzt kennst du deine inneren Antreiber, kannst sie gezielt schwächen und somit Stress reduzieren!

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